Konzert
Bremen als versunkene Stadt – dieses Szenario ist gar nicht mehr so unvorstellbar. Wie viele Küstenstädte weltweit wurde Bremen in der Vergangenheit bereits mehrfach überschwemmt. Aktuelle Fallszenarien aus der Klimaforschung sagen voraus, dass ganze Stadtteile Bremens innerhalb der nächsten 70 Jahre unter Wasser verschwinden könnten. Beziehungsweise: Werden. »When We Were Singking« nimmt dieses Szenario zum Anlass, eine Art vorgezogene Trauerarbeit zur versinkenden Stadt Bremen zu leisten.
»Trauer fordert uns auf, still zu werden und jede Vorwärtsbewegung zu stoppen, damit wir in die Tiefe eintauchen können. Aber der Intellekt weiß nicht, wie man in die Tiefe geht, nicht so wie es die Emotionen können. Der Intellekt versucht in der Regel, uns aus dem Wasser zu heben und uns zu trocknen, bevor wir wirklich in die Trauer eingetaucht sind.«
So beschreibt die Emotions- und Empathieforscherin Karla McLaren Trauer. Daniel Dominguez Teruel hat 2019 mit einem gurrenden Taubenchor bereits den Verfall der Elbphilharmonie vorweggenommen und betrauert (»Requiem for Architecture«). Gemeinsam mit dem Schwankcore erarbeitet er nun eine Art Requiem für die versinkende Stadt Bremen.
»When We Were Singking« ist die erste von fünf Uraufführungen in der Reihe »Songs of Rising and Sinking«, in der die Komponist*innen Daniel Dominguez Teruel, Eloain Lovis Hübner, Doreeen Kutzke, Mara Hebel und Alex Franz Zehetbauer eigens für den Schwankcore Kompositionen über die ökologischen, sozialen und emotionalen Folgen der zunehmenden Bedrohung durch den Klimawandel entwickeln.
Daniel Dominguez Teruel lebt und arbeitet als Komponist und Musiktheater-Regisseur in Hamburg. In den letzten Jahren arbeitet er verstärkt mit einem Fokus auf der menschlichen Stimme. Dabei sind Stücke entstanden, die er in der Serie »How to Listen to Monuments and What to Listen to when Everything is Melting« zusammenfasst. Darin setzt er sich mit Fragen von (nationaler) Zugehörigkeit, Spaltung und Gemeinschaft auseinander. Mit der Arbeit »LOVESONG«, in der die deutsche Nationalhymne auf musikalischer Ebene dekonstruiert wird, wurde er 2022 u.a. zum Impulse Theater Festival eingeladen. Weitere Aufführungen und Installationen u.a. auf Kampnagel, in Elbphilharmonie, HAU, Schwankhalle, EMW Shanghai.
Mara Hebel ist musikalisch vielseitig unterwegs und hat vom klassischen Hochschulchor bis zu ihrem Jazz-Vokalensemble NEILON schon verschiedene Chor- und Ensembleprojekte geleitet. Seit November 2022 leitet sie den »Schwankcore«, der wöchentlich in der Schwankhalle zusammenkommt.
Konzept, Komposition: Daniel Dominguez Teruel
Chorleitung: Mara Hebel
Von und Mit: Julia Armbruster, Berna Ayzit, Johanna Borlein, Eiken Bruhn, Rebeca Bundies, Véra Marie Deubner, Janet Ehlers, Brigid Guinan, Arthur Hentzsch, Anne Herzet, Anna Kellert, Junie Kuhn, Reinhard Ohleyer, Timo Reichenberger, Hannah Maria Reupert, Maria Schade, Ulrich Wagner, Katrin Wulfers
Gefördert vom Fonds Soziokultur. Mit freundlicher Unterstützung von Klangpol.