Tausend Tode Festival
2017, ein Jahr nach dem Tod seines Vaters, beginnt der Regisseur und Autor Boris Nikitin die Geschichte von dessen ALS-Erkrankung aufzuschreiben. Die Krankheit hatte kurzen Prozess gemacht: Von der Diagnose bis zum Tod dauert sie knapp ein Jahr. Sehr früh teilt der Vater mit, dass er einen assistierten Suizid in Erwägung zieht. Eine Aussage, die alles ändert.
In »Versuch über das Sterben« verbindet Nikitin die Geschichte dieses Outings mit der Geschichte seines eigenen Coming-Outs vor 20 Jahren. Daraus entwickelt er einen radikalen wie intimen Theaterabend darüber, was es bedeutet, den Schritt in die Öffentlichkeit zu vollziehen und sich dabei angreifbar und verwundbar zu machen. Boris Nikitin, in Basel geboren und Sohn ukrainisch-slowakisch-französisch-jüdischer Einwanderer, gehört zu den wichtigen Regie-Autoren des zeitgenössischen europäischen Theaters. Seine Arbeiten vollziehen immer wieder den Grenzgang zwischen Illusionstheater und Performance, zwischen Dokumentarischem und Propaganda. In »Versuch über das Sterben« betritt der Regisseur zum ersten mal selbst die Bühne. Das Stück ist seit über drei Jahren international auf Tournee und kommt nun nach Bremen.
»Dieses Anti-Theater hat genau das, was vielen Produktionen fehlt: Dringlichkeit und Mut. Es ist Theater an seinem Nullpunkt. Aber gerade in dieser Radikalität entsteht das Pathos dieses Abends.« (bz)
Boris Nikitin ist Theaterregisseur und Autor. Seine Inszenierungen, Texte und Happenings setzen sich seit über fünfzehn Jahren mit der Darstellung und Herstellung von Identität und Realität auseinander. Nikitins Arbeiten sind roh, frontal, dabei stets genau komponiert und immer nach den Grenzen und Bruchstellen des Ästhetischen suchend. »Wie wenig andere führt Boris Nikitin das Theater derzeit an einen kritischen Punkt«, schreibt die deutsche Fachzeitschrift Theater heute. Für sein Gesamtwerk wurde Nikitin 2017 mit dem J.M.R. Lenz-Dramatikpreis der Stadt Jena ausgezeichnet. 2020 erhielt er den Schweizer Theaterpreis. Sein Stück »Erste Staffel. 20 Jahre Big Brother« wurde 2021 zu den Mülheimer Theatertagen eingeladen.
Konzept, Text, Performance: Boris Nikitin
Produktion: Annett Hardegen
Outside-Eye: Matthias Meppelink, Annett Hardegen
Eine Produktion von It’s The Real Thing Studios. Koproduktion: Kaserne Basel, Gessnerallee Zürich, Festival »Spielart« München, Festival FIT Lugano. Gefördert durch den Fachausschuss Tanz & Theater der Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft. Das Stück ist Teil der durch die Dreijahresförderung realisierten Projekte.