Performance
»Paskudnik« ist eine postmigrantische Drag-Persona, die beim Crossing – beim Grenzübertritt zwischen Deutschland und Polen, zwischen Vergangenheit und Zukunft – verloren gegangen ist. »Paskudnik« ist ein Wort, das häufig die Lippen des Großvaters verließ, um das Enkelkind zu rufen. In der Erinnerung bewegt es sich zwischen Esstisch, Fußballmatch, Parasit und Ekel. Eine eindeutige Übersetzung gibt es nicht. Was der Begriff genau bedeutet, bleibt unklar. Mit »Paskudnik« wirft Tubi Malcharzik einen queeren Blick auf die eigene, deutsch-polnische Familiengeschichte und begibt sich auf die Suche nach diesem vertrauten, aber unentschlüsselten Loch im kollektiven Familiengedächtnis.
Einhundert Jahre nach der Volksabstimmung in der Grenzregion Oberschlesien und fünfzig Jahre, nachdem die Familie im Grenzdurchgangslager Friedland in der Bundesrepublik Deutschland ankam, nimmt Tubi Malcharzik das Wort »Paskudnik« zum Ausgangspunkt, um gemeinsam mit einem interdisziplinären Team deutsch-polnische Migrationsgeschichte rückwärts aufzurollen. Durch immersive Soundflächen, Erzählfragmente und Imagination öffnen sie einen queeren und postmigrantischen Erinnerungsraum. Sie laden das Publikum an den Esstisch einer oberschlesischen Familienfeier und auf die Oberfläche einer Dating-App ein, bis diese Orte sich für die Dauer eines Songs verbinden. Anhand von einem roten Samtkleid, Mythen, zu hohen Wangenknochen sowie Songs von t.A.T.u. ↗ und Peter Alexander berührt die Performance Fragen zu Geschlechterrollen und Sexualität sowie deutsch-polnischer Erinnerungskultur und postmigrantischer Realität.
Tubi Malcharzik (keine Pronomen, they/them) lebt und arbeitet als Performer*in, Dramaturg*in und DJ in Hannover und Wien. Ausgehend von autobiografischen Erfahrungen beschäftigt sich Tubi mit queerer Erinnerung, Abstract Drag, deutsch-polnischer Migrationsgeschichte und scheinbar unmöglichen Duetten – sowohl in Soloperformances, als auch in Form von kollektiven Arbeiten. 2020 zeigte Tubi Malcharzik das Solo »Comeback« in der Schwankhalle. 2021 ludt Tubi gemeinsam mit Leah Fot, Charlotte Lauber und Cäcilia Wosnitzka zu dem Soundwalk »Funken bis Uranus« durch das Bremer Viertel ein. Für »Paskudnik« arbeitet Malcharzik mit Kollaborateur*innen aus den performativen Künsten und aus dem Bereich der Clubkultur und -Musik zusammen.
Instagram: @t_mlchrzk ↗
tmalcharzik.com
Konzept, Performance: Tubi Malcharzik
Dramaturgie: Isabelle Edi
Musik & Sound: Luyu Zou, (mohammad) adika rahman
Kostüm: Anna Schall
Künstlerische Mitarbeit & Übertitel: Julia Kostka, Natalie Pielok (Grupa Mauczka ↗)
Produktionsleitung & Künstlerische Mitarbeit: Marten Flegel aka Marty Damour
Übersetzung: Agnieszka Kozłowska
Bühnenbild-Mitarbeit: Amelie Sabbagh
Beratung: Marie-Christin-Rissinger
Danke an Zuzanna Zając, Paweł Świerczek, LaQuèfa, Magdalene Gööck, Paweł Matusz
Ein Projekt von Tubi Malcharzik & Team, produziert von Die Soziale Fiktion, in Koproduktion mit NFT - Netzwerk Freier Theater, Schwankhalle Bremen, LOFFT – DAS THEATER Leipzig und brut Wien. Das NFT wird gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen des Programms »Verbindungen fördern« des Bundesverbands Freie Darstellende Künste. Das Projekt wird gefördert durch Ministerium für Wissenschaft und Kultur Niedersachsen, Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und Stadt Leipzig – Kulturamt. Die Adaption und Premiere in Österreich wird gefördert von der Stadt
Wien Kultur.